Solidaritätsbrief an Bischof Azar
08. Dez 2025
In seiner Predigt war Bischof Azar auf die Situation in Palästina eingegangen und hatte an die Gottesdienstgemeinde gerichtet die Frage gestellt, vor welchen Herausforderungen eine reformatorische Kirche im Heiligen Land nach zwei Jahren Krieg in Gaza steht. Die Predigt hatte er auf Arabisch gehalten. In der auf Deutsch und Englisch gedruckt vorliegenden Fassung waren die Begriffe „Völkermord“ bzw. „genocide“ verwendet worden. Dagegen gab es seitens der EKD.Hier der Wortlaut des Briefes an Bischof Azar:
Sehr geehrter Herr Bischof Azar,
Sie werden sich wahrscheinlich wundern von einer katholischen Organisation aus Deutschland ein Schreiben zu erhalten. Ihr Einsatz gegen Leid und Ungerechtigkeit an einem Ort, der nicht nur für uns Christen eine ganz besondere Bedeutung hat, hat uns sehr beeindruckt. Überall wo Menschenrechte verletzt werden, fühlen wir uns als Christen wie Sie aufgerufen, die Stimme zu erheben.
Wir haben gehört, dass Sie am Reformationstag im Gottesdienst in Jerusalem mit deutlichen Worten auf das Leid der palästinensischen Gesellschaft hingewiesen und es beim Namen genannt haben. Umso mehr distanzieren wir uns von der Reaktion und Stellungnahme der EKD. Sie hat Ihnen vorgeworfen, dass Sie den Begriff Völkermord verwenden haben. Dieser Begriff trage zur Spaltung bei und stehe einer Verständigung und Versöhnung entgegen. Er wird international verwendet, auch von jüdischen Forschern und anerkannten internationalen Menschenrechtsorganisationen wie z.B. Amnesty International.
Wir dagegen sehen dies als Verrat an den Opfern und sind vielmehr der Meinung, dass Verschweigen von Unrecht nicht zu einem dauerhaften Frieden führen kann. Eine Solidarität mit Israel darf nicht dazu führen, dass man die Augen verschließt vor der Gewalt und Besatzung unter der die Palästinenser leiden. Aus demselben Motiv heraus, mit dem wir Antisemitismus bekämpfen treten wir auch für die Rechte der Palästinenser ein.
Mit Scham und Schuld müssen wir bekennen, dass Deutschland zu diesem Krieg in Gaza durch Waffenlieferungen beigetragen hat, und unsere Kirchen in Deutschland durch ihr langes Schweigen nicht hörbar waren.
Nun will die Bundesregierung die Beschränkung für Exporte von Rüstungsgütern, die Israel im Gazastreifen einsetzen könnte, aufheben. Grund sei vor allem der vermeintlich funktionierende Waffenstillstand, der seit dem 10. Oktober offiziell in Kraft ist. Israel verstößt jedoch nicht nur wiederholt gegen diesen, sondern auch gegen den Waffenstillstand im Libanon. Zudem hat die israelische Armee erneut die UN-Mission im Libanon angegriffen. Wir verurteilen den geplanten neuen Export von Waffenlieferungen an Israel und erwarten von den deutschen Kirchen hörbaren Einspruch.